Gesichter
„Alles vergeht, aber Steine bleiben“
Ulrich Seitz, ein Augsburger im Ruhestand, ist kein Typ für den klassischen Ruhestand mit Gartenstuhl mit Buch. Stattdessen widmet er sich mit Leidenschaft der Sanierung und Rekonstruktion historischer Gebäude – eine Aufgabe, die ihn herausfordert und zugleich inspiriert. Mit dem Gerberhaus am Vorderen Lech 13 wagte er sich an ein weiteres ambitioniertestes Projekt, das seit 2024 als Tagescafé und -bar „Gerberei 1557“ in neuem Glanz erstrahlt. Geführt von seinem Sohn Florian Seitz und Thomas Mair, bietet die „Gerberei 1557“ am Holbeinplatz einen gemütlichen Treffpunkt, der Tradition und Moderne vereint.
Was den Augsburger anspornt
Doch bei so viel Aufwand fragt man sich: Was hat Ulrich Seitz motiviert? Die Sanierung des Hauses verschlang ein kleines Vermögen, doch Ulrich hat zwei besondere Motivationsquellen. Zum einen macht er das alles für seine Familie. Seine zwei Söhne sollen eines Tages in die Fußstapfen des Vaters treten und das historische Erbe weiterpflegen. Zum anderen liebt er seine Stadt und die historische Architektur. Besonders faszinierend findet er den fast schon nostalgischen Gedanken, dass „alles vergeht, aber die Steine bleiben.“
Passend dazu stieß Ulrich Seitz während der Restaurierung auf ein kleines Rätsel: Mit einem alten Kupferstich von Lucas Kilian in der Hand verglich er die Details des Gerberhauses. Doch irgendetwas passte nicht! Auf der Ostseite zeigte der Stich ein Fenster, das jedoch vor langer Zeit zugemauert worden war. Mit detektivischem Eifer und ein bisschen Sturheit ließ er das originale Fenster freilegen – und gab dem Gebäude damit ein Stück seiner Geschichte zurück. Ein Fenster, das wortwörtlich in die Vergangenheit blickt!
Mit Projekten wie dem Gerberhaus legt Ulrich Seitz nicht nur neue Fundamente für die Zukunft, sondern bereichert die Augsburger Altstadt um einen weiteren lebendigen Treffpunkt. Für ihn ist das Gerberhaus am Holbeinplatz weit mehr als nur ein Café – er symbolisiert gelebte Demokratie und lädt zu einem regen Austausch zwischen Generationen ein.
So lernte er die Nachbarschaft lieben
Während der Arbeiten am Gerberhaus erfuhr er eine tiefe Verbindung zur Nachbarschaft. Er schwärmt von der herzlichen und hilfsbereiten Gemeinschaft, die ihn in dieser Zeit besonders berührte. Ein Beispiel für dieses Miteinander: Während seine Frau im gegenüberliegenden Schmuckladen von Patricia Ganzenmüller stöberte, markierte Patricia mit roten Punkten all die Stücke, die ihr gefallen hatten – eine charmante Geste, die zeigt, wie eng und vertrauensvoll die Nachbarschaft zusammenhält.